Energiekette am Schiffsbelader im Ostseehafen Wismar

Posted in: , on 18. Jan. 2011 - 18:43

Wind- und wetterfest

Energiekette am Schiffsbelader im Ostseehafen Wismar

Im Zuge der Umbaumaßnahmen im Ostseehafen Wismar wurde ein Schiffsbelader, der früher der ausschließlichen Verladung von Kali diente, für das Handling unterschiedlicher Schüttgüter umgerüstet. Ein Problem im langjährigen Betrieb der alten Anlage war stets die Zuleitung der Kraft- und Steuerleitungen. Die Forderung nach hoher Standfestigkeit der gesamten Anlage wurde, nicht zuletzt durch den Ersatz der alten Motorleitungstrommeln und Aufspulvorrichtungen, durch ein Energiekettensystem der Kölner igus GmbH erfüllt.

Der Ostseehafen Wismar boomt. Nach einer in größerem Umfang vollzogenen Umstrukturierung hat der ehemalige Hauptumschlagplatz für den Kaliexport der DDR einen Wandel zum erfolgreichen Mehrstoffehafen vorgenommen, und zählt heute zu den bedeutendsten deutschen Häfen für die Verschiffung nicht nur von Schüttgütern nach Skandinavien und den nordosteuropäischen Ostseeländern. Über 30 Millionen Euro, für die Sanierung der Massengut Exportanlage, hat der Hafen in moderne Technik und hochwertige Materialien investiert, um mit einer dauerhaft leistungsstarken Umschlagtechnik eine schnelle und qualitätsgerechte Be- und Entladung von Seeschiffen zu sichern. Und das Angebot wird von den Kunden angenommen. „Unsere Auslastung ist sehr gut“, bestätigt Eckhard Kurfeld, Bereichsleiter Hafentechnik. „In 2004 konnten wir erstmals seit dem Umbau der Anlage die Marke von einer Million Tonnen Umschlag übertreffen.“

Dieser von Kurfeld erwähnte Schiffsbelader spielte bei den 1997 begonnenen Umbauarbeiten eine zentrale Rolle. Er ist die letzte von ehemals drei Anlagen, mit denen zu DDR-Zeiten der Kali-Umschlag bewältigt wurde. Zwei der Anlagen waren ständig in Betrieb, während die dritte im Wesentlichen der Redundanz diente, um die stete Verfügbarkeit der Anlage zu gewährleisten.

Heute wird mit dem verbliebenen Schiffsbelader, der eine Förderleistung von 720 Tonnen pro Stunde erbringt, eine Vielzahl verschiedener Schüttgüter unterschiedlichster Art und Konsistenz umgeschlagen. Durch den Wegfall der anderen Belader und die hohe Auslastung musste der Umbau des Beladers von vorne herein so konzipiert werden, dass er den starken Belastungen jederzeit standhalten kann. Trotz fehlender Redundanz durch Ersatzanlagen dürfen längere Ausfallzeiten nicht vorkommen.

Neue Energiezuführung für erneuerten Hafen

Nachdem die Neuausrichtung des Hafens geklärt war, begann das Technikerteam, gemeinsam mit den Betreibern, mit den Planungen für den Umbau der Hafenanlage. „Aufgrund unserer langjährigen Erfahrung“, so Kurfeld, „kannten wir die Schwachstellen der alten Anlage. Ein großes Problem mit den Schiffsbeladern war seit jeher die Energieversorgung.“ Als der Diplom-Ingenieur 1988 als Verantwortlicher Techniker für den Massengutbereich seine Tätigkeit aufnahm, galt ein Großteil seines Arbeitseinsatzes der Beschäftigung mit den damals verwendeten Motorleitungstrommeln und Aufspulvorrichtungen für die Kraftkabel und Steuerleitungen. Besonders die Aufspulvorrichtungen waren mechanisch ebenso aufwändige wie anfällige Systeme. Allein für die Trommel des Kraftkabels waren sechs Antriebsmotoren installiert. Fiel einer aus, konnte wohl noch weiter gearbeitet werden, aber schon beim zweiten Ausfall funktionierte der Gleichlauf nicht mehr. „Wir haben uns also lange und umfassend über die technischen und materialwirtschaftlichen Alternativen informiert, wobei wir auf das Prinzip der Energiekette stießen“, erinnert sich Kurfeld. „Und obwohl wir uns mit Motorleitungstrommeln auskannten und technisch gut beherrschten, haben wir uns auf die Energiekette und damit auf ein völlig neues System eingelassen.“ Nachdem wir uns verschiedene Lösungen diverser Anbieter angesehen hatten, entschieden wir uns für das System von igus. Diese Entscheidung haben wir nie bereut.“

Herausforderung Verfahrweg

Energieketten werden in den unterschiedlichsten industriellen und technischen Anwendungen eingesetzt. Sie finden sich an Werkzeugmaschinen ebenso wie an Flurförderzeugen, Hafen-, Bau- oder Hallenkranen. Auch das Fernsehen schätzt Energieketten, wenn es um die Stromversorgung und Datenübertragung ihrer schienengeführten und schnellbewegten Kamerasysteme geht, wie sie im Zielbereich von Leichtathletik- oder Wintersportveranstaltungen eingesetzt werden. Dort müssen sie dann nicht selten Verfahrgeschwindigkeiten von bis 600 Meter pro Minute aushalten. Das Tempo von 20 Metern in der Minute, die der ebenfalls schienengeführte Schiffsbelader im Seehafen Wismar erreicht, stellte igus also vor keinerlei Probleme. Die eigentliche Herausforderung der Realisierung einer Energiezuführung mittels Kunststoffkette bestand in der Verfahrlänge des Schiffsbeladers von 195 Metern.

igus löste die Aufgabe dadurch, dass die Zuleitung der Kabelbündel per Mitteneinspeisung und mit einem fixen Installationspunkt parallel zur Laufrichtung erfolgte. Dadurch entspricht die Länge der Kette dem halben Verfahrweg des Schiffsbeladers plus dem Umlenkradius von etwa zwei Metern. Die Länge der Leitung konnte somit auf knapp 100 Meter gehalten werden. Der Belader kann über seinen gesamten Verfahrweg mit der gleichen Geschwindigkeit gefahren werden. In anderen Fällen, wo beim Passieren des Einspeisepunktes die Leitungen umgelenkt werden, müssen Anlagen oft gebremst und dann wieder beschleunigt werden. Zudem entsteht aufgrund dieser Führung nirgendwo im Kabelstrang ein Drall oder eine Verdrehung.

Der Kanal für die Energiekette, der in großer Höhe über die gesamte Länge des Verfahrwegs gelegt wurde, besteht aus zwei L-förmigen Profilen aus korrosionsbeständigem Edelstahl - verzinkter Stahl kam aufgrund der äußeren Verhältnisse im Hafen und des teilweise recht aggressiven Verladegutes nicht in Frage. Der Kanal in Form eines nach unten offenen „U“ sollte ursprünglich auf Empfehlung von igus abgedeckelt werden. „Im Umgang mit Schüttgütern haben wir jedoch die Erfahrung gemacht, dass die im Umfeld verladenen Güter zwar irgendwie in Einhausungen gelangt, aber nicht wieder heraus kommt. Daher haben wir im Hafen immer schon offene Systeme bevorzugt“, erklärt Kurfeld. „Sicherlich spielte bei der Entscheidung für eine derartige Führung auch unsere Erfahrung mit den klimatischen Verhältnissen im Hafen eine Rolle“, so Kurfeld weiter. „Hier weht ein ständiger Wind, der unsere Anlagen weitgehend trocken und einigermaßen staubfrei hält.“ Die Gefahr, dass die Glieder der Energiekette vereisen oder sich mit Staub zusetzen und dadurch schwergängig werden, ist auch deswegen relativ gering, da der Schiffsbelader ständig in Betrieb ist. Zudem ist jedes Gelenk der igus-Kette nach einem Nut- und Federprinzip ausgeführt, so dass der Teil des Gelenks, wo die Drehbewegung stattfindet, nach außen hin gekapselt ist.

Komplett konfektioniert

Die Kette wurde in Stücken von einem Meter geliefert, vor Ort montiert und mit den Leitungen bestückt. Durch die Kette (Typ E 4/4, Serie 5050) werden auf einer Breite von nur 300 Millimetern die Motorleitungen und sämtliche BUS- und Steuerleitungen, darunter auch diejenigen für die speicherprogrammierbare Steuerung Siemens SPS 7, mit der die gesamte Anlage kontrolliert wird, geführt. Eventuellen induktiven Störungfeldern, welche die Signalübertragung beeinträchtigen könnten, hat igus durch eine spezielle Abschirmung der BUS- und Steuerleitungen vorgebeugt. Sämtliche Kraft und Steuerleitungen, mit denen die Kette bestückt ist, stammen aus dem erfolgreichen Leitungs-Programm „Chainflex“ von igus.

„Vor sechs Jahren nahmen noch nicht so viele Kunden unseren Service an, Ketten von derartiger Länge konfektioniert zu ordern“ erläutert Theo Diehl, igus-Projektmanager für Energiekettensysteme in den Bereichen Krane und Materialfluss, den damals noch vergleichsweise hohen Montageaufwand. „Heute liefern wir solche Größen und für noch längere Verfahrwege konfektionierte Systeme.“ Oft werden für bestimmte Anwendungen Standardprodukte weiterentwickelt und den Gegebenheiten angepasst. Trotz der rauen klimatischen Verhältnisse und des staubigen Umfelds kamen bei dem Schiffsbelader Standardprodukte aus dem igus-Sortiment zum Einsatz. Nach den guten Erfahrungen in Wismar ging man in Köln daran, die Version der dort eingesetzten Kette in Rollenausführung für noch längere Fahrwege und Verfahrgeschwindigkeiten bis zu 600m/min zu modifizieren. Diese Ketten werden inzwischen bei mehr als 2000 Kranen in aller Welt eingesetzt. Die weltweit längste Anlage in Asien hat einen Verfahrweg von 500 Metern.

Schon über 5 Jahre in Betrieb bei nur geringem Verschleiß

Igus hatte den Betreibern im Seehafen von Wismar eine Lebensdauererwartung von fünf Jahren zugesichert. Und diese Zeit ist bereits überschritten. Seit der endgültigen Inbetriebnahme des Schiffbeladers im Jahr 2000 sind im Bereich der Energiekette noch keinerlei Störungen aufgetreten, weder mechanische, noch die Leitungen betreffende. Kein Kabel, kein Kettenglied musste gewechselt werden, und auch sonst hat die Kette bis heute nur geringe Verschleißerscheinungen gezeigt. Die Kette ist absolut wartungsarm im Betrieb und im Vergleich zu Motortrommeln die deutlich günstigere Lösung gewesen. „Vor einiger Zeit“, so Kurfeld, „haben wir - mehr aus Neugier als aus Notwendigkeit - eine Prüfung durchgeführt: ohne Befund! Die Kette funktioniert einfach. Für einen Anwendungsfall wie den unseren kann ich so eine Installation unbedingt weiter empfehlen.“

Bildunterschriften:

Abb. 1: Biegeradius der Energieführungskette im Schiffsentlader

Abb. 2: Vor Ort: Theo Diehl (l.) Projektmanager für Energiekettensysteme in den Bereichen Krane und Materialfluss, igus GmbH (Köln), mit Eckhard Kurfeld, Bereichsleiter Technik im Seehafen Wismar

Abb. 3: Der Energiekettenkanal aus zwei L-förmigen Edelstahl-Profilen verläuft hoch über dem gesamten Verfahrweg

Abb. 4: Mitteneinspeisung und fixer Installationspunkt parallel zur Laufrichtung ermöglichen einen Verfahrweg der Anlage von 195m.

Abb. 5: Schiffsbelader in Aktion

Abb. 6: Schiffsbelader im Seehafen Wismar

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